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#Was sie alles hätte tun können

Was sie alles hätte tun können

Der Kanon der Kunstgeschichte wird momentan ordentlich ausgebaut, könnte man sagen. Es wird genau gefragt, wer da überhaupt drin ist und vor allem warum. Dass Qualität nicht der entscheidende Faktor ist, sollte mittlerweile klar sein. Es ist vielmehr ein komplexes Geflecht aus Machtstrukturen und Zufällen, aus dem heraus sich festschreibt, was bleibt und an wen man sich erinnert. So ist die Kanonisierung der Kunst immer auch eine Geschichte darüber, wer Zugang zu den Akademien hatte und wer es sich leisten konnte, das Leben der Kunst zu widmen.

Dabei werden all jene übersehen, die durch soziale und wirtschaftliche Umstände ihre Karrieren nicht so gestalten konnten, wie sie es gern getan hätten. Doch auch diese Übersehenen, von denen die meisten Künstlerinnen sind, haben Spuren hinterlassen. Und so bekommen die Männer im Kanon langsam Gesellschaft. Nicht nur von den Frauen, die seit dem 20. Jahrhundert Kunst machen, sondern auch von denen, die um die Jahrhundertwende vom 18. zum 19. Jahrhundert gelebt und gearbeitet haben. Der berühmteste Fall ist die schwedische Künstlerin Hilma af Klint.

Kein Hausfrauenhobby

Eine bislang vergessene Künstlerin, die gerade mit einer Ausstellung im Hamburger Ernst-Barlach Haus gefeiert wird, ist Mary Warburg. Die Frau des Kunsthistorikers Aby Warburgs hat an dessen Karriere sicherlich ebenso großen Anteil gehabt wie Abys mutiger und brillanter Geist – den er aber eben ohne Mary, die sich um Kinder und Haushalt kümmerte, wohl kaum in solchem Maß hätte ausleben können. Mary Warburg hat auch jene ikonische Büste ihres Mannes angefertigt, die heute auf einem Sockel, gestaltet von Franz Erhard Walther, im Warburg-Haus in Hamburg steht. Es ist fast symbolisch, dass ihre bekannteste Arbeit ein Bild ihres Mannes ist – und man über den Ruhm des Dargestellten die Urheberin fast vergisst.

Dabei wusste man immer, dass Mary Warburg auch als Künstlerin tätig war. Doch man hat das eher als hausfrauliches Hobby abgetan, das sie zwar mit einigem Enthusiasmus, aber nicht mit der verlangten Professionalität ausführte. Im Jahr 2006 konnte man noch in einem kleinen Text anlässlich einer Frauen-Gruppenausstellung in der Hamburger Kunsthalle lesen: „Nie jedoch konnte Mary Warburg ihr Talent zu einer Reife bringen, die in einem durchgehenden eigenständigen Stil mündete.“

Lesende Frau am Waldrand, um 1902.


Lesende Frau am Waldrand, um 1902.
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Bild: Andrea Völker/Barlach Haus

Damals hat man ihr nur einen kleinen Textabschnitt gewidmet. Inzwischen liegt eine 536 Seiten starke Monografie vor, die fast neunhundert Arbeiten versammelt und zeigt, dass es sehr wohl einen „eigenständigen Stil“ gab. Bärbel Hedinger und Michael Diers haben seit 2015 an dem umfassenden Werkverzeichnis gearbeitet, das die Warburgs posthum zu einem sogenannten „Power-Couple“ der Kunst machen könnte. Er, der Theoretiker. Sie, die Künstlerin. So schreibt der 2019 verstorbene Martin Warnke in einem Beitrag, dass die Kunstwelt Aby Warburg geradezu „liebe“ und ihn selbst „immer häufiger als einen Künstler behandelt“. Warnke vermutet, dass es der „gute Stern, genannt Mary, war, der ihn in diese Richtung geleitet hat.“

Zwischen Kunst und Familie

Mary und Aby Warburg lernten sich bei einer Studienreise nach Florenz kennen. Aby Warburg hielt kurz danach fest, dass sie eine Künstlerin sei, die „vortrefflich malt und erstaunlich viel einfaches und dabei tiefgehendes Interesse für alles, was Kunst heißt“, besitzt.

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