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#August Diehl: ‚Ich glaube nicht an Gruppenschuld‘

August Diehl: ‚Ich glaube nicht an Gruppenschuld‘

Für den Schauspieler läuft es derzeit gut. Sein Spielfilm «Plan A» erschien im Dezember, kommt nun auf DVD. Jetzt erscheint auch «The Kings‘ Man – The Beginning».

Nach dem Holocaust gab es Überlebende, die nach Vergeltung suchten. Es gründete sich die Organisation Nakam, die im Juli 1945 einen Giftanschlag auf die deutschen Wasserwerke planten. Für sie waren nicht nur die Nazis, sondern alle Deutsche an der Ermordung von sechs Mio. Juden schuldig. Heute weiß kaum jemand noch von diesem Attentat, doch der Thriller «Plan A – Was würdest du tun?» (Auch auf DVD) will daran erinnern. In der Hauptrolle: August Diehl (45) als Holocaust-Überlebender Max. Der gebürtige Berliner setzt sich in Filmen immer wieder mit deutscher Vergangenheit auseinander – ob als Kriegsheimkehrer («Kalt ist der Abendhauch») oder als SS-Sturmbannführer («Inglourious Basterds»). Wir sprachen mit ihm über Schuld, Nazi-Rollen, Weihnachten und Corona.

Etliche Kinofilme wurden erneut verschoben, «Plan A – Was würdest du tun?» ist am 9. Dezember dann doch einmal gestartet.
Im Moment sind wir alle ein bisschen darauf gepolt, alles so zu nehmen wie es kommt. Ich freue mich natürlich, dass «Plan A» jetzt rauskommt und denke, es ist auch ein guter Zeitpunkt so kurz vor Weihnachten.

Wie stehen Sie zu dieser ganzen Situation?
Ich hätte Angst vor einen nochmaligen Lockdown. Das wäre schlimm. Ich weiß auch nicht, ob wir uns das wirtschaftlich nochmals leisten könnten. Das Ganze löst schon viel Depressionen aus, auch für Kinder wäre ein nochmaliger Lockdown nicht gut.

Sie sind geimpft?
Ich habe jetzt drei Monate in Russland gedreht. In meinem Beruf habe ich gar keine andere Wahl. Es entsteht gerade ein bisschen eine Zwei-Klassengesellschaft, was ich für gefährlich halte. Dass Nicht-Geimpfte jetzt so krasse Nachteile haben, geht so auch nicht, denn das widerspricht unserer Grundverfassung. Das macht mir Sorgen.

Kommen wir auf Ihren Film zu sprechen: Wie viel wussten Sie von dem geplanten Giftanschlag an die Deutschen durch Holocaust-Überlebende nach dem Zweiten Weltkrieg?
Erstaunlicherweise gar nichts. Auch wenn ich andere frage, haben die meisten davon auch nie etwas gehört. Es ist nicht so richtig in unserem Bewusstsein. Vielleicht hat man die Geschichte auch mit Absicht so begraben. Ich könnte mir das vorstellen.

Warum?
Weil es weder aus israelischer noch aus unserer Sicht zu dem jüdischen Bild passt, was wir nach dem Zweiten Weltkrieg haben. Dass ist das Spannungsfeld unserer Geschichte. Die eine Gruppe von Überlebenden sagten, dass die Vergangenheit so grausam war, dass man sie mir irgendeiner Form von Rache ausgleichen müsste. Die andere Gruppe sagte, wenn wir einen Ausgleich zur Vergangenheit fokussieren, haben wir keine Zukunft.

Beide Seiten sind nachvollziehbar…
Ja, auch ich finde es sehr schwer zu sagen was richtig wäre. Ich kann diesen Rachegedanken, so grausam er auch ist, sehr gut nachvollziehen. Erstaunlich, dass es nicht auch mehr Versuche eines Racheakts gab.

Können Sie sich das erklären?
Mich beschäftigt das im Nachhinein noch immer. Ich glaube, der Hauptgrund liegt sehr stark im jüdischen Interesse selber. Das zeigt ja auch unser Film. Plan A würde ja eben nicht von Deutschen oder Alliierten boykottiert, sondern von israelischer Seite. Ich weiß nicht wie die Weltöffentlichkeit reagiert hätte, wenn Plan A erfolgreich ausgeführt worden wäre. Vielleicht hätte man dann gesagt, dass es kein Israel geben kann.

Sie spielen im Film den Juden Max. Wie sind die beiden Regisseure Doron und Yoav Paz auf Sie gekommen?
Das will ich immer gar nicht wissen. Mich würde es nur irritieren, wenn mir ein Regisseur die Gründe sagen würde. Die Grundidee war sicherlich auch, einen Deutschen zu nehmen, was die Geschichte noch brisanter macht. Es gab jemand bei der jüdischen Organisation Nakam, der quasi ein Verräter war. An dem ist die Figur Max ein bisschen angelehnt, denn man weiß nicht, ob es ein Deutscher oder ein Israeli war.

Empfinden Sie als Deutscher ein gewisses Schuldgefühl?
Ich habe kein Schuldgefühl, ich glaube auch nicht an Gruppenschuld. Trotzdem haben wir als Deutsche eine größere Erinnerungspflicht als andere. Ich versuche mich sehr bewusst an unsere Geschichte zu erinnern. Denn alles, was im 20. Jahrhundert passiert ist, hat die Welt geschaffen, in der wir jetzt leben.

Spielen Sie deshalb so oft in Filmen mit, die zu jener Zeit spielen?
Vielleicht ein bisschen zu viele, muss ich zugeben. Es hängt aber auch damit zusammen, dass ich in einer Zeit Filme drehe, in der diese Geschichte auch sehr stark aufgearbeitet wird. Das bin ja nicht nur ich, der sich damit auseinandersetzt, sondern das scheint ja irgendwie in der Luft zu liegen.

Warum meinen Sie, vielleicht zu viele?
Ich habe auch viele Projekte, die in diese Richtung gingen, abgesagt. Manchmal denke ich auch als Zuschauer und will auch noch andere Filme sehen. Aber es gibt ja auch viel anderes, und ich habe ja auch andere Rollen gespielt. Insofern ist es schon okay.

Sie haben auch schon richtig fiese Nazis gespielt wie etwa in «Inglourious Basterds». Es gibt aber deutsche Schauspieler, die das ablehnen…
Spielen die dann nur die guten Nazis (lacht)? In «Inglourious Basterds» ging es ja nicht um Geschichtsaufarbeitung, sondern das war großes Entertainment. Und wenn eine Roll toll geschrieben ist, spiele ich alles gern. Ich würde auch für «Springtime for Hitler» auf der Bühne auftreten, wo es um satirische Ansätze geht.

Am 6. Januar kommt bereits Ihr nächster Kinofilm «The King’s Man: The Beginning» heraus – wieder eine Hollywoodproduktion…
Immer wieder kommen solche Anfragen aus dem Ausland. Ich bin ganz froh darüber, wie sich das entwickelt hat. Das Schöne an meinen Beruf ist, wenn man mit vielen unterschiedlichen Menschen anderer Sprachen und Länder zusammenkommt. Das macht mir schon viel Spaß.

Was haben Sie denn gerade in Russland gedreht?
«Master und Margarita» nach dem Roman von Mikhail Bulgakov. Meine Rolle habe ich die ganze Zeit in Deutsch gespielt, aber ich werde den Film auf Russisch synchronisieren. Das wird nochmals eine große Aufgabe für mich im nächsten Jahr.

Und dann kommt auch noch eine Neuverfilmung von «Räuber Hotzenplotz», in der Sie den Zauberer Zwackelmann spielen. Ist das ein Film, den Sie nun speziell für Ihre Kinder gemacht haben?
Nein, so denke ich nicht. Das kam durch die Produktionsfirma, mit der ich vor 23 Jahren meinen ersten Film gedreht habe: «23 – Nichts ist wie es scheint». Das war ein ganz lustiger Zufall, nach genau 23 Jahren nochmals gefragt zu werden. Da habe gedacht, das mache ich jetzt mal. Das wird bestimmt sehr lustig, und so war es dann auch.

Haben Sich Ihre Kinder überhaupt mal beschwert, dass Sie so selten Kinderfilme drehen?
Nach «Huckleberry Finn» ist «Räuber Hotzenplotz» tatsächlich erst mein zweiter Kinderfilm. Aber sie haben sich noch nie beschwert. Ich glaube, ihnen ist es relativ wurscht. Ist auch gut so.

Haben sie noch keine Schauspielambitionen?
Sie sind noch relativ jung. Was die mal werden wollen, wird sich noch rausstellen.

Eine letzte Frage. Wie feierten Sie Weihnachten?
Gottseidank ist es ein stilles Fest und ich sehe das immer ein Fest für Kinder. Deshalb werde ich es auch mit ihnen feiern. Mit Weihnachtsbaum und Geschenken. Alles was für die Kinder schön ist. Mal gucken, was das neue Jahr bringen wird. Hoffentlich wird es einfacher als die letzten zwei Jahre.

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