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In aller Feindschaft

Ein kleines Land hat in dieser Woche die ganze Republik brüskiert. Fünfzehn Landesparlamente haben dem Staatsvertrag zur Erhöhung der Rundfunkgebühren zugestimmt, nur Sachsen-Anhalt sperrte sich. Gejubelt hat am Ende nur die AfD. Der Ministerpräsident hat zwar in letzter Sekunde die Koalition gerettet, aber dafür sein Land isoliert und seinen Innenminister entlassen, der mal so was wie seine Zukunft war. Jetzt muss das Bundesverfassungsgericht lösen, was die Regierung in Magdeburg über Wochen nicht lösen konnte.

Livia Gerster

Livia Gerster

Redakteurin in der Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Das ist nicht nur eine Posse. Es ist die Geschichte einer verzweifelten Partei. Rechts von dieser Partei lauert die AfD, links von ihr lächeln die Feinde von früher, plötzlich Minister in der eigenen Regierung. „Bollwerk gegen rechts“ haben die Koalitionäre in Sachsen-Anhalt vor fünf Jahren ihr schwarz-rot-grünes Bündnis getauft. Doch die Pfähle richteten sich von Anfang an eher gegeneinander als gegen einen gemeinsamen Feind. Unwahrscheinlich, dass die Wahl im Juni eine Erlösung bringt. Denn danach könnte es genauso aussehen wie zuvor. Wie also weitermachen, wenn es eigentlich nicht zusammen geht? Und wie regieren, wenn ein Teil der CDU nach rechts, der andere in die Mitte strebt?

Kenia, ein Bündnis aus purer Not

Um zu verstehen, was diese Woche unter dem Kitt der vergangenen Jahre hervorbrach, muss man an den Anfang gehen. Im April 2016, als die Welt gerade auf Briefkastenfirmen in Panama blickte, taten sich in Magdeburg die CDU, die SPD und die Grünen zusammen. Aus purer Not. Weil die AfD einen Erdrutschsieg davongetragen hatte, 24 Prozent, ein Viertel aller Stimmen. Schwarz, Rot und Grün schmiedeten die erste sogenannte Kenia-Koalition in Deutschland. Obwohl sie nie zum Erfolgsmodell wurde, sollten Sachsen und Brandenburg später dem Beispiel aus Sachsen-Anhalt folgen. Ebenfalls aus Not.

In den Koalitionsgesprächen raufte man sich irgendwie zusammen. Immer wenn die Verhandler der verschiedenen Ressorts merkten, dass sie zu weit auseinanderlagen, brachten sie die Konflikte zu ihren Fraktionsvorsitzenden. Die heißen Themen wurden dann ganz oben ausgefochten. Die Chefin der Grünen im Landtag, Cornelia Lüddemann, erinnert sich noch gut daran. Da ging es zum Beispiel um Gemeinschaftsschulen, Klimaziele und Quoten, um „die großen Zukunftsthemen“. Nicht um die Rundfunkgebühren. Aus dem Bereich Medienpolitik sei ihr kein einziger Konflikt zu Ohren gekommen, sagt Lüddemann. „Tragisch, wie sich jetzt zeigt.“

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Denn es ist ebenjene Passage aus dem Koalitionsvertrag, an der nun beinahe die Koalition zerbrochen wäre. Eigentlich sogar nur an einem einzigen Satz: „Bei der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks halten wir am Ziel der Beitragsstabilität fest.“ Die CDU verstand darunter die Garantie, dass die Bürger keinen Cent mehr zahlen als 17,50 Euro im Monat. SPD und Grüne verstanden unter dem Wort „Ziel“ aber eben vor allem das: ein Ziel, eine Richtung, so etwas wie einen frommen Wunsch. Der Beitrag sollte möglichst niedrig bleiben, aber wenn die Anstalten mehr Geld brauchten für das, was die Länder bei ihnen bestellen, dann werde die Rechnung natürlich angepasst. Völlig unterschiedliche Interpretationen also.

Markus Kurze, der medienpolitische Sprecher der CDU, sagt durchaus mit Stolz in der Stimme: „Die Stelle habe ich reinverhandelt.“ Für ihn ist der Begriff nicht schwammig, sondern glasklar. Kein Cent mehr eben. Ein Versprechen, das die CDU übrigens auch schon vor 2016 ihren Bürgern immer wieder gemacht hat. An Widerstand der SPD und der Grünen könne er sich nicht erinnern, sagt Kurze. Zu Widerstand habe es auch keinen Anlass gegeben, sagt dazu Katja Pähle, Fraktionsvorsitzende der SPD. Den hätte es nur gegeben, wenn die CDU durchgesetzt hätte, dass da so etwas stände wie: Wir schließen eine Erhöhung kategorisch aus. Mit dieser windelweichen Formulierung aber habe man in der SPD gut leben können. Übrigens gebe es noch mehr unerreichte Ziele im Koalitionsvertrag, sagt Pähle.

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