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#Ist Joe Biden zu alt fürs Präsidentenamt?

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Ist Joe Biden zu alt fürs Präsidentenamt?

Als im Zuge von Joe Bidens Wahlsieg immer mehr historische Fotos aus dessen langer politischer Laufbahn in die Social-Media-Kanäle gespült wurden, äußerte dort mancher seine Verblüffung darüber, dass dieser Mann irgendwie immer schon da gewesen ist. Biden 1979 bei Abrüstungsgesprächen in Moskau, Biden 1992 beim Einsatz gegen den Balkankrieg: mit Respekt, ja Ehrfurcht schienen jüngere Menschen solche Bilder zu betrachten oder zumindest mit dem beruhigenden Gefühl, dass nun bald alles wieder gut werden würde.

Jörg Thomann

Jörg Thomann

Redakteur im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Joe Bidens aktuellere Auftritte hingegen muteten bisweilen beunruhigend an. Noch am Wahltag selbst stellte er einer irritierten Menge eine Enkelin als seinen verstorbenen Sohn Beau vor: ein weiterer jener Aussetzer, die sein gehässiger Gegner nur zu gern dazu nutzte, Biden Senilität oder gar beginnende Demenz zu unterstellen. Selbst wenn Donald Trump sich bald doch aus dem Weißen Haus verabschieden sollte, die Frage wird Biden weiter verfolgen: Ist er, der bei seiner Vereidigung im Januar 78 Jahre zählen wird, dem aufreibenden Amt gewachsen? Ist Biden womöglich zu alt, um ein guter Präsident zu werden?

Dicke Krankenakte

Noch während des Wahlkampfes haben sieben Gesundheitsexperten, angeführt vom Mediziner S. Jay Olshansky aus Illinois, diese Fragen beantwortet: Im September veröffentlichten sie eine Analyse, die den Gesundheitszustand der beiden Kandidaten beleuchtet und deren „prognostizierte Lebensspanne“ präsentiert. Sie berufen sich unter anderem auf Joe Bidens Krankenakte, die dessen Leibarzt im Dezember 2019 der Weltöffentlichkeit zugänglich machte. Sie ist umfangreicher als die des Kontrahenten Donald Trump: eine entfernte Gallenblase, leicht erhöhte Blutfettwerte, eine gutartige Vergrößerung der Vorsteherdrüse, Vorhofflimmern, Sodbrennen, Allergien, 1988 eine Operation wegen einer erweiterten Arterie im Hirn.

Rezept für ein langes Leben: Joe Biden bei einer Radtour mit seiner Frau Jill.


Rezept für ein langes Leben: Joe Biden bei einer Radtour mit seiner Frau Jill.
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Bild: AFP

Die sieben Experten stellen Biden dennoch ein hervorragendes Zeugnis aus. Er habe, konstatieren sie in einem in seiner Nüchternheit makaber wirkenden Duktus, eine Chance von 95 Prozent, die erste Amtszeit zu überleben. Anlass zum Optimismus bieten Bidens guter Body-Mass-Index, seine Agilität, das stolze Lebensalter, das seine Eltern erreichten, seine Ernährung, die hohe Bildung, die exzellente Gesundheitsversorgung und die Tatsache, dass er verheiratet ist. Prognostizierte Lebenserwartung: 96,8 Jahre. Damit triumphiert Biden ein weiteres Mal über Trump, der nur auf 88,6 Jahre kommt; er bekommt Abzüge wegen seiner Fettleibigkeit, seines Fast-Food-Konsums und wegen der vielen Stunden, die er tagtäglich vorm Fernsehapparat sitzt.

Das Kapital des Alters

Nun will Joe Biden als Präsident ja nicht nur überleben, sondern auch überzeugen. Die Altersforschung bescheinigt ihm auch da gute Chancen. Im Alter lassen zwar Dynamik und Kurzzeitgedächtnis nach, doch man verfügt im Idealfall über Gelassenheit, Erfahrung und die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte zu analysieren.

Altersforscher Andreas Kruse


Altersforscher Andreas Kruse
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Bild: EPA

Für Andreas Kruse, Direktor des Instituts für Gerontologie der Universität Heidelberg, verfügt gerade Joe Biden über etwas, das er „das Kapital des Alters“ nennt: „Er ist in seinem Leben durch Grenzsituationen gegangen und hat darin immer wieder zu einer Neuorientierung gefunden. Daraus hat sich bei ihm eine reife Haltung dem Leben, der Demokratie gegenüber entwickelt und eine hochdifferenzierte, hochreflektierte Erfahrungswelt.“

Durch Biden sieht Kruse überdies das Prinzip der Generativität verkörpert: das Bedürfnis, „Sorge zu tragen – für das Gemeinwohl und auch für nachfolgende Generationen. Eine Sorge, die über die eigene Existenz hinausgeht.“ Dank einer derartigen Motivation erfahre Biden durch sein neues Amt vielleicht nicht gleich eine Verjüngungskur, könne aber „einen ganz neuen Impuls“ erleben, „der sich auf die körperliche Gesundheit und auf die Mobilität auswirkt“. Vereinzelte Schnitzer, wie Biden sie sich leiste, „sollte man sich selbst nicht verübeln“, so Kruse. „So etwas kann man sehr gut durch seine Erfahrungen und die Konzentration auf die eigenen Kräfte kompensieren.“

Älter als Joe Biden ist ein neuer amerikanischer Präsident noch nie gewesen. International aber befindet er sich in guter ergrauter Gesellschaft. Nelson Mandela war 76, als er Präsident wurde, Konrad Adenauer blieb Bundeskanzler, bis er 87 war, Joseph Ratzinger wurde mit 78 Papst (und zog sich mit 85 zurück). Der Weltrekordhalter unter den Regierungschefs ist Mahathir Mohamad, der mit 92 noch mal zum Ministerpräsidenten Malaysias gewählt wurde und in diesem Februar mit 94 zurücktrat. Sein Nachfolger ist mit seinen 73 Jahren vergleichsweise ein Jungspund.

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